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Auf in den Kampf hieß es für die Steingadener Musikerinnen und Musiker, die in der zweiwöchigen Pause nach ihrem Jubiläumsfest wieder genügend Kräfte für die nächste Schlacht gesammelt hatten, am 15.06.. Anlässlich ihres 40-jährigen Vereinsjubiläums hatte die Musikkapelle Schabs die Steingadener zu einem Gegenbesuch eingeladen. Gefeiert wurde in Schabs nicht nur die Musikkapelle, sondern auch die Partnerschaft mit der Gemeinde Fritzens in Nordtirol, die ebenfalls vor 40 Jahren begründet wurde. Den Rahmen für die Feierlichkeiten bot dabei die von Schützen, Feuerwehr und Musikverein initiierte Erlebniswelt Tirol 1809, bei der neben historischem Lagerleben die zweite Bergisel-Schlacht unter dem Nationalhelden Andreas Hofer nachgestellt wurde.

Ein Bus mit gut 30 Musikerinnen und Musiker machte sich am Samstagmittag von Steingaden aus auf den Weg über den Brenner gen Süden. Mit an Bord waren neben dem Sondereinsatzkommando der Beerdigungsmusik für besondere Auslandseinsätze auch die drei Startenöre aus Lechbruck, die dankenswerterweise das Tenorhorn und Baritonregister verstärkten. Der Wetterbericht versprach leider nur ähnlich „gutes“ Wetter wie beim Steingadener Fest und sollte damit am Samstag auch Recht behalten. Nach der gut vierstündigen Fahrt, auf der das Bordpersonal verschiedene vitaminreiche Erfrischungen in unterschiedlichen Farben, Kaffee, Zopf und Sprudelgetränke servierte, erreichten die Ausflügler das geliebte Schabs. Nach einem kurzen Aufenthalt zum Check-In im Quartier, der Pension Sonneck, machten sie sich direkt auf den Weg zum Festgelände. Dort erwartete sie aufgrund des seit Nachmittag andauernden Regens eine ähnlich braune Soße, wie sie um das Steingadener Festzelt zu finden gewesen war. Das morgendliche Schuhputzen hätte man sich also sparen können. Empfangen wurden die Steingadener bereits von lautem Geböller, Kanonenschüssen, Schießpulvergeruch und dicken Rauchwolken. Die zweite Bergisel-Schlacht, die von hunderten Reenactment-Darstellern aus ganz Europa nachgestellt wurde, war bereits in vollem Gange. Begleitet von epischer Musik in Dauerschleife kämpften österreichische Armeen Seite an Seite mit Tirolern gegen die Napoleonischen Truppen und für die Befreiung Tirols. Während die Truppen auf dem Schlachtfeld Meter für Meter vor, hinüber und wieder zurück rückten, hatten die Steingadener ihre Euros in Schabmer Kreuzer, der einzigen auf dem Festgelände gültigen Währung, umgetauscht. Unter dem großen Pavillon konnten sie sich dann, die an den zahlreichen Buden feil gebotenen Südtiroler Spezialitäten einverleiben. Die für Napoleon kämpfenden Bayern waren in der nachgestellten Schlacht leider nicht siegreich gewesen und so mussten die Steingadener stellvertretend ab 19:00 Uhr musikalisch erneut zum Angriff blasen und spielten zum abendlichen Konzert im Pavillon auf. Nach einer recht trockenen ersten Runde auf der Bühne wurden schließlich Getränke zur Befeuchtung der trockenen Kehlen gereicht, und das Trompetenregister konnte endlich in die Vollen gehen.

Im fast zweistündigen Programm durfte neben einigen schönen Polkas auch Abba Gold nicht fehlen, selbstverständlich präsentiert mit Tambourin-Solistin. Zahlreiche Reenactment-Darsteller zogen den Regenfesten Pavillon ihren mit Stroh ausgestreuten Leinen-Zelten vor und mischten sich mit ihren bunten, historischen Soldatenuniformen unters Publikum. Scheinbar konnte auf musikalischer Ebene Frieden mit den Bayern geschlossen werden und das begeisterte Publikum erklatschte sich sogar eine Zugabe und die Steingadener hissten mit „Dem Land Tirol die Treu“ endgültig die Weiße Fahne. Nach dem abendlichen Konzert der Steingadener, das zur vollsten Zufriedenheit des Dirigenten verlaufen war, mischten sie sich ebenfalls unter das bunte Volk im Pavillon oder suchten sich ein trockenes Plätzchen am Fischer-Häuschen. Die Südtiroler Gruppe „Blechbeat 7“ sorgte im Anschluss mit einem hervorragend gewählten und gespielten Blasmusikprogramm für ordentlich Stimmung. Immer wieder wurden dabei Steingadener Musikerinnen von schneidigen historischen Soldaten aus Tschechien, Katalonien, Hessen und den Pyrenäen zum Tanz im Matsch aufgefordert. Der Pavillon hielt zwar von oben trocken, aber das über die Planen ablaufende Wasser suchte sich schließlich über den Boden seinen Weg in den Pavillon und bescherte vielen nasse Füße. Als die Musik gegen Mitternacht ihr Spiel einstellte, wollten viele noch in die berüchtigte Wald-Disco gehen, die wetterbedingt leider geschlossen blieb. Die Wald-Disco war am Abend zuvor von einer Steingadener Vorhut bereits ausgiebig getestet und schließlich umsatzstark sogar bis in die frühen Morgenstunden betrieben worden. Mit Techno-Versionen von „Vogelwiese“ und „Sierra Madre“ konnte der DJ, der nun im Pavillon auflegte, bei den Steingadenern leider nicht punkten. Auch mit Engelszungen ließen sich die Schabmer leider nichtmehr zum Öffnen der Wald-Disco bewegen. Daher entschloss sich manch einer kurzerhand zu „nach dem Küssen Lakho noč“ und einige andere fanden sich zu einer letzten Runde bei den drei kleinen Mäusen in der „Nasszelle 210“ ein – allesamt getreu dem Motto des Abends: „Heut geht bei vielen einiges!“. „Und am Morgen Dober Dan“ dachte sich in der Früh wohl keiner, als sich die ersten ab halb sieben aus den Betten schälten und müde zum Frühstück schlurften. Schon um acht musste das Steingadener Regiment zur Aufstellung für den Kirchenzug antreten. Ab viertel nach acht trudelten dann auch Schabmer, Fritzenser und sogar Andreas Hofer höchstpersönlich an der Schabner Kirche ein, wo alle zusammen noch knapp weitere 45 Minuten bis zur Aufstellung des Kirchenzugs warteten. Gegen neun setzte sich der Kirchenzug schließlich in Richtung Festgelände in Bewegung. Schabner und Steingadener marschierten dabei gemeinsam im Block und boten ein stattliches Bild. Stabführer Michael Ritzi verzichtet gnädigerweise auf die marschmusikalischen Finessen wie Abfallen und die große Wende, die die Schabner seit dem Marschmusikwettbewerb im Schlaf beherrschen, die Steingadenern allerdings kaum buchstabieren können. Schließlich brach auch die Sonne durch die morgendlichen Wolken und versprach deutlich bessere Wetter als am Tag zuvor. Auf den letzten Metern, die auf das Festgelände und zum Pavillon führten, verlor der Zug etwas seine Form, da sich die Musikerinnen und Musiker ihren eigenen Weg durch den Morast suchten, um nicht gemeinsam zu versinken. Den Festgottesdienst gestalteten die beiden Kapellen ebenfalls zusammen, abwechselnd vom Schabner Dirigenten Stefan Obexer und vom Steingadener Dirigenten Christoph Weiß geleitet. Die Pausen zwischen den Stücken wurden dabei teilweise für kurze Schläfchen genutzt. Die Grußworte und Festreden der Vertreter des öffentlichen Lebens beim anschließenden Festakt lockerten die Kapellen gemeinsam mit einigen Märschen auf und rundeten diesen dann mit der Landeshymne ab. Der letzte Akkord war noch nicht verklungen, als es bereits wieder mit dem großen Geschieße auf dem Schlachtfeld los ging. Die zweite Bergisel-Schlacht wurde erneut nachgespielt. „Für den, ders mog, ischs Heachschte“ oder um es mit Asterix‘ Worten zu sagen: „Die Spinnen die …“. Die Steingadener ließen sich davon allerdings nicht aus der Ruhe bringen und tauschten ihre letzten Kreuzer gegen nahrhafte Naturalien oder flohen aufs angrenzende Erdbeerfeld zum Erdbeerbrocken. Zum Abschied und als Dankeschön für die Einladung überreichte Vorstand Strauß den Schabnern einen großen Laib Käse und ein Fass Bier. Gegen halb zwei setzte sich der Bus schließlich wieder in Richtung Steingaden in Bewegung. Die Heimfahrt verlief mit gemütlicher Blasmusik ruhig und ohne besondere Vorkommnisse.

Den Schabnern sagen wir vielen Dank für die zwei schönen Tag in Südtirol und die hervorragende Gastfreundschaft! Es war uns wie immer eine große Freude und wir freuen uns bereits auf das Wiedersehen!

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